Buchbesprechung

Wer entscheidet heute über Krieg und Frieden?

ISBN 978-3-94007-41-1

Eine wichtige Analyse der globalen Machtzusammenhänge

von Robert Seidel

(12. September 2022) Wolfgang Effenberger hat in der Zeit einer weltweit zugespitzten Situation eine umfangreiche Analyse über geopolitische Zusammenhänge aus einer historischen Perspektive veröffentlicht. Um die Akteure aktueller Entwicklungen auszumachen, ohne sich dabei alleine auf Mainstream-Vorgaben abstützen zu müssen, lohnt es sich, dieses Buch zu lesen.

Wer nicht nur an Zufälle, ökonomische Zwangsläufigkeiten oder esoterische Gesetzmässigkeiten glaubt und sich auch nicht in der Beliebigkeit konstruktivistischer Geschichtsauffassungen verliert, den interessieren die tatsächlichen Akteure politischen und ökonomischen Handelns.

So stellt sich heute die Frage danach, wer die Entscheidungen über die Sanktionen bzw. den Krieg gegen Russland getroffen hat, von denen die europäische Wirtschaft und das Leben Millionen Bürger weltweit existenziell betroffen sind. Wer entscheidet, dass Nord Stream 2 nicht ans Netz geht? Wer entscheidet, dass modernste US-Waffensysteme den Krieg in der Ukraine verlängern, wenn nicht sogar atomar zuspitzen?

Wer entscheidet?

In der freien und demokratischen westlichen Welt bestimmt das Volk die Politik –, so die allgemeine Auffassung. Dass das kaum zutrifft, ist nur schwer zu leugnen. Damit stellt sich die bohrende Frage: Wer entscheidet dann über Fragen, die meine persönliche Zukunft direkt betreffen, und über die ich in einer Demokratie eigentlich selbst entscheiden sollte? Denkt man nur an das sich abzeichnende Grounding der europäischen, insbesondere der deutschen Volkswirtschaft. Von ihr hängen nicht nur Millionen Arbeitsplätze ab, sondern auch viele europäischen Sozialstaaten mit ihren Renten- und Gesundheitssystemen, ihren Schulen, Berufs- und Hochschulausbildungen oder den öffentlichen Verkehrssystemen.

Die Frage, von wem die Entscheidungen über Krieg und Frieden getroffen werden, verfolgt Wolfgang Effenberger* seit Jahrzehnten – sachlich, unabhängig und investigativ.

In seiner jüngsten Veröffentlichung, «Die unterschätze Macht. Von Geo- bis Biopolitik – Plutokraten transformieren die Welt. Vom amerikanischen Bürgerkrieg bis zur Agenda 2030», wirft er einen Blick aus einer historischen Perspektive heraus auf entscheidende globale Machtzusammenhänge. Diese Zusammenhänge wirken sich letztendlich auf unser Leben als Bürger heute aus. Sein im Februar 2022 fertiggestelltes Buch führt aus dem 18. Jahrhundert zu den aktuellen Entwicklungen, wie zum geplanten «Great Reset» des Weltwirtschaftsforums (WEF).

Effenberger gelingt es, die «Entscheider» vergangener und heutiger politischer Entwicklungen zu lokalisieren. Die vage Vorstellung, dass Entscheidungen für Krieg oder Frieden in den vergangenen fünfzig Jahre demokratisch legitimiert seien, löst sich in Nichts auf.

«Merchants of Death»

Mit der Analyse historischer Ereignisse eröffnet sich ein Verständnis für die aktuelle Zeitgeschichte. Gängige Narrative über Ursachen und «Schuldige» des Ersten und Zweiten Weltkrieges werden durch Fakten hinterfragt. Untermauert wird die Analyse mit Quellen aus US-amerikanische und britische Staatsarchiven, in denen Dokumente zu den Vorgängen der vergangenen Jahrzehnte bewahren werden und die heute zum Teil zugänglich gemacht worden sind.

Wolfgang Effenberger hat für Analyse der Entscheidungen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg aufwendige Recherchearbeiten geleistet, in der er die Rolle der Hauptprofiteure, «Merchants of Death» (Händler des Todes), herausgearbeitet hat. Parallele personelle Verbindungsstrukturen existieren auch heute. Sie können zum Teil bis in ihrer Entstehung zurückverfolgt werden.

So ist es schlussendlich nicht Olaf Scholz, der Nord Stream 2 stilllegt, oder es ist kaum der Wunsch des deutschen Mittelstandes sich durch die Russlandsanktionen und den Krieg in der Ukraine selbst zu ruinieren, und es wird kaum der Wunsch Schweizer und deutscher Bürger sein, den Winter 2022/23 frierend zu verbringen. Erst recht dann nicht, wenn man sich überlegt, dass die «Sanktionen», die Russland treffen sollten, in erster Linie die eignen Länder ruinieren, während Russlands Handelsbilanz für 2022 durchaus positiv ausfallen wird. Wozu also?

Ein «Bündnispartner» profitiert …

Hinter dem tagesaktuellen Geschehen bleibt deutlich erkennbar, welcher westliche «Bündnispartner» und welche «Geschäftskreise» in jeder Hinsicht von der aktuellen Situation profitieren: Verkauf von überteuertem und umweltschädigendem Frackingöl; Verkauf milliardenteurer Waffensysteme, um die Waffenlager der Bündnispartner, die ihre Waffen grosszügig an die Ukraine verschenken, wieder aufzufüllen; ein Land-and-Lease-Vertrag, der die Finanzierung der US-Waffen- und Materialieferungen an die Ukraine staatlich garantiert; die Schwächung des europäischen Marktes, die Umleitung der westlichen Handelsströme für Nahrungsmittel und Rohstoffe von Ost nach West; umfangreiche Finanzierungsgeschäfte für Waffen und Nahrungsmittel usw.

Gewinne jederzeit

Die politischen Entscheidungen zu Sanktionen und Waffenlieferungen, die jeweils wie aus dem «off» initiiert werden, haben direkte Profiteure: bestimmte Bankhäuser, bestimmte Investmentfonds, bestimmte IT-Riesen, bestimmte Waffenproduzenten, bestimmte Energiekonzerne, bestimmte Nahrungsmittelkonzerne usw.

Sie können ihren Cash flow durch diese Entscheidungen steigern. Diese Konzerne, Bankhäuser, Investmentfonds und Anwaltskanzleien usw. profitieren direkt von dem Krieg. Krieg ist für sie ein Gewinnfaktor unter vielen. Diese Profiteure nehmen direkt Einfluss auf «die Politik», um in die Lage zu kommen, bei zukünftigen Entwicklungen hohe Renditen einzufahren.

Wolfgang Effenberger hat sich die Arbeit gemacht, diese Netzwerke zu lokalisieren. Dabei lässt er auch ideologische Vorstellungen wie den «Eine-Welt-Herrschaft» oder eugenetische Vorstellungen innerhalb der «Entscheider» nicht ausseracht.

Menschliche Grundsätze

Wolfgang Effenberger geht es nicht darum geht, Schuldige an den Pranger zu stellen, sondern darum, eigensüchtige und skrupellose Entscheidungen, die das Leben von Millionen von Menschen existenziell betreffen, offenzulegen.

Natürlich –, es gibt Unterschiede unter den «Entscheidern» und Gewinnmaximierern: Entscheidet sich jemand für skrupellos erworbenen Reichtum und ungerechtfertigte Macht und spricht dabei seinen Mitmenschen das Recht auf Leben und Selbstbestimmung ab, oder bewegt sich jemand im Leben im Rahmen der allgemeinen menschlichen Grundsätze?

Wenn Wolfgang Effenberger in den letzten Kapiteln auf die aktuelle «Ermächtigung der Kapitaleliten» zu sprechen kommt, dann kann er dies auf der Grundlage von Fakten und auf der Folie einer breiten historischen Analyse tun. Mit seiner Veröffentlichung mahnt er uns, als Bürger und Teil des Volkes daran, dass es um unser eigenes Schicksal geht. – Es gilt, unser Recht auf ein selbstbestimmtes Leben der Gefühllosigkeit und Anmassung einer selbsternannten Elite entgegenzusetzen.

*    Wolfgang Effenberger, geboren 1946, ist Journalist und Buchautor. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben, u.a: «Wiederkehr der Hasardeure, Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute», 2014; «Geo-Imperialismus. Die Zerstörung der Welt», 2016; «Schwarzbuch EU & NATO», 2021.

Wolfgang Effenberger. Die unterschätze Macht. Von Geo- bis Biopolitik – Plutokraten transformieren die Welt. Vom amerikanischen Bürgerkrieg bis zur Agenda 2030. Höhr-Grenzhausen 2022. ISBN 978-3-94007-41-1

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