Wissenschaftler aus ganzer Welt fordern sofortiges Ende der «Gain-of-function»-Forschung

Die gefährlichen Experimente mit Krankheitserregern mit Pandemie-Potential sollen aufhören

von Professor Dr. Roland Wiesendanger

(14. April 2022) Die gegenwärtige Pandemie hat uns gelehrt, welche verheerenden Auswirkungen es haben kann, wenn Krankheitserreger extrem leicht von Mensch zu Mensch übertragbar werden, selbst wenn die Sterblichkeitsrate bedingt durch das Virus lediglich im Bereich von einem Prozent oder darunter liegt.

Im Rahmen der sogenannten «Gain-of-function»-Forschung werden seit mindestens zehn Jahren gefährliche Krankheitserreger wie Vogelgrippe-Viren oder SARS-artige Viren an menschliche Zellen angepasst, womit ein enorm hohes Risiko für den Ausbruch von Pandemien verbunden ist.

Solche Forschungsvorhaben werden weiterhin – zum Teil mit öffentlichen Geldern – finanziert und dies noch mit sehr viel gefährlicheren Viren, teilweise mit Tödlichkeitsraten oberhalb von 50 Prozent! Ein Virologe eines angesehenen US-amerikanischen Forschungsinstituts hat das Gefahrenpotential jüngst wie folgt in einem Satz prägnant zusammengefasst:

«This pandemic is nothing compared to what comes next when we get airborne Nipah or Ebola.» [Diese Pandemie ist nichts, verglichen mit dem, was auf uns zukommt, wenn wir mit durch die Luft übertagbaren Nipah- oder Ebola-Viren konfrontiert werden.]

Es liegt in der Verantwortung der Wissenschaftler und der Medien weltweit, auf dieses riesige Gefahrenpotenzial hinzuweisen und Politiker wie auch die Gesellschaft als Ganzes zu sensibilisieren.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus den verschiedensten Fachdisziplinen sowie aus zahlreichen Ländern Europas, Amerikas, Asiens und aus Neuseeland wendet sich daher nun mit der «Hamburger Erklärung 2022» an die Weltgemeinschaft, mit dem Ziel der sofortigen Beendigung der «Gain-of-function»-Experimente mit für Menschen gefährlichen Krankheitserregern.

Diese Erklärung ist im Geiste der «Göttinger Erklärung» von 1957 entstanden, welche auf das Gefahrenpotential durch atomare Waffensysteme aufmerksam machte.

Hamburger Erklärung 2022

Im Bewusstsein des Auftrags und der Verantwortung von Wissenschaft und Forschung, dem Wohle der Menschheit zu dienen, nach Wahrheit zu streben und die gewonnenen Erkenntnisse der breiten Bevölkerung zu vermitteln, möchten die Unterzeichner dieser Erklärung auf eine grosse Bedrohung für das menschliche Dasein aufmerksam machen, welche sich in den vergangenen Jahren durch neuartige biotechnische Verfahren zur Veränderung gefährlicher Krankheitserreger ergeben hat.

Durch die sogenannte «Gain-of-function»-Forschung werden natürlich vorkommende Viren durch Veränderungen der Gensequenz so angepasst, dass ihr Andocken an und Eindringen in menschliche Zellen erleichtert wird. Dadurch entsteht ein enormes Potential einer Pandemie, auf welches verantwortungsvolle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in den vergangenen zehn Jahren immer wieder hingewiesen haben. Solche Forschungsarbeiten wurden in den letzten Jahren an verschiedenen hochgefährlichen Krankheitserregern wie Vogelgrippeviren und SARS-artigen Coronaviren durchgeführt, was in der Fachliteratur dokumentiert ist. Viele dieser Arbeiten entstanden auch im Rahmen öffentlich geförderter Forschungsprojekte.

Die gegenwärtige Corona-Pandemie zeigt klar, was es heisst, wenn Krankheitserreger extrem leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind. Wir haben weltweit Millionen von Verstorbenen zu beklagen und Milliarden von Menschen sind in ihrer Existenz bedroht oder haben diese gänzlich verloren. Der enorme Schaden für die Menschheit entstand, obwohl die Sterblichkeitsrate des SARS-CoV-2-Virus lediglich im Prozentbereich liegt. Es gibt Hinweise darauf, dass in diversen Biotechnologielaboren der Welt sehr viel gefährlichere Viren wie MERS-, Ebola- oder Nipah-Viren gentechnisch manipuliert werden. Der Ausgang solcher Experimente ist oftmals schwer oder gar nicht vorhersagbar. Kein Biotechnologielabor der Welt ist jedoch sicher genug, um einen Austritt solch gentechnisch veränderter Viren garantiert ausschliessen zu können. Ein Katastrophenfall könnte für einen substanziellen Anteil der Weltbevölkerung tödlich enden, insbesondere, wenn eine Übertragbarkeit hochgefährlicher Viren über die menschlichen Atemwege durch gentechnische Veränderungen erleichtert wird.

Wir als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind uns der Bedeutung der Freiheit von Wissenschaft und Forschung bewusst. Dennoch appellieren wir an alle Politiker und Politikerinnen der Welt, dafür Sorge zu tragen, diese «Gain-of-function»-Forschung an Krankheitserregern mit weltweitem Pandemie-Potenzial umgehend zu beenden. Das mit dieser Forschung einhergehende Risiko und das Potenzial der Auslöschung grosser Teile der Weltbevölkerung sind nicht weiter verantwortbar. Wir fordern, dass der Stopp durch eine unabhängige internationale Aufsichtsbehörde kontrolliert und kontinuierlich überwacht wird.

Unabhängig von der Staats- und Regierungsform der Länder dieser Erde muss es das Anliegen jeder verantwortungsvoll handelnden Führungspersönlichkeit sein, zum Wohle der Bevölkerung des eigenen Landes, aber auch der Menschheit als Ganzes beizutragen. Der Mensch hat gelernt, in die molekularen Grundbausteine des Lebens einzugreifen. Daraus ergeben sich viele Chancen zur Verbesserung menschlichen Lebens, aber auch eine grosse Verantwortung zum Erhalt der Schöpfung. Nehmen wir diese Verantwortung ernst, bevor es zu spät ist.

  • Roland Wiesendanger, Prof. Dr. Dr. h.c., Nanoscientist, University of Hamburg, Germany (Organizer)
  • Hiroshi Arakawa, Dr., Institute of Molecular Oncology, IFOM, Milan, Italy
  • Ute Bergner, Dr., Physicist, Jena, Germany
  • Valentin Bruttel, Dr., Immunologist, University of Würzburg, Germany
  • Lounes Chikhi, Dr., Population Geneticist, CNRS, Toulouse University, Paul Sabatier, France
  • Jean-Michel Claverie, Prof. Dr., Dept. of Medicine, Aix-Marseille University, Marseille, France
  • Fabien Colombo, Communication and Sociology of Science, Université Bordeaux Montaigne, France
  • Malcolm Dando, Prof. Dr., Section of Peace Studies and International Development, University of Bradford, United Kingdom
  • Etienne Decroly, Prof. Dr., Member of the Board of Directors of the French Virology Society, CNRS Director of Research, AFMB lab, UMR7257, Aix Marseille Université, Marseille, France
  • Gilles Demaneuf, Engineer and Data Scientist, Auckland, New Zealand
  • Richard Dronskowski, Prof. Dr., Institute of Inorganic Chemistry, RWTH Aachen, Germany
  • Lucia Dunn, PhD, Professor of Economics, The Ohio State University, Columbus, USA
  • Frank Fehrenbach, Prof. Dr., Faculty of Humanities, University of Hamburg, Germany
  • André Goffinet, Prof. Dr., Neurobiology, University of Louvain, Belgium
  • Ingrid Gogolin, Prof. Dr. Dr. h.c. mult., Department of General, Intercultural and International Comparative Education & Educational Psychology, University of Hamburg, Germany
  • Mai He, Prof. Dr., School of Medicine, Washington University,
    St. Louis, USA
  • Martina Hentschel, Prof. Dr., Institute of Physics, TU Chemnitz, Germany
  • Michael Hietschold, Prof. Dr., Institute of Physics, TU Chemnitz, Germany
  • Burkard Hillebrands, Prof. Dr., Dept. of Physics, TU Kaiserslautern, Germany
  • Florence Janody, Dr., i3S-Institute for Research and Innovation in Health, University of Porto, Portugal
  • Bernd Kaina, Prof. Dr., Institute of Toxicology, University of Mainz, Germany
  • Hideki Kakeya, Prof. Dr., School of Science and Technology, University of Tsukuba, Japan
  • Bernd Kretschmer, Dr. h.c., Physicist, Freiburg i. Brsg., Germany
  • Franz Kreupl, Prof. Dr., Dept. of Electrical and Computer Engineering, TU Munich, Germany
  • Jonathan Latham, PhD, Executive Director, The Bioscience Resource Project, Ithaca, New York, USA
  • Milton Leitenberg, Senior Research Fellow, Center for International and Security Studies, University of Maryland, USA
  • Alexander Lerchl, Prof. Dr., Biology and Ethics of Science & Technology, Jacobs University Bremen, Germany
  • Steven Massey, Prof. Dr., Dept. of Biology, University of Puerto Rico, San Juan, Puerto Rico
  • Paul-Antoine Miquel, Prof. Dr., Contemporary Biology, Toulouse 2 University, France
  • Sven-Olaf Moch, Prof. Dr., II. Institute of Theoretical Physics, University of Hamburg, Germany
  • Michael Morrissey, Dr., Lecturer for English Studies, University of Kassel, Germany
  • Peter Oppeneer, Prof. Dr., Dept. of Physics and Astronomy, Uppsala University, Sweden
  • Anja Pistor-Hatam, Prof. Dr., Faculty of Arts and Humanities, University of Kiel, Germany
  • Steven Quay, MD, PhD, Former Facility, Stanford University School of Medicine, USA
  • Monali Rahalkar, Dr., Microbiologist, Agharkar Research Institute, Pune, India
  • Bahulikar Rahul, Dr., Plant Genetics and Taxonomy Expert, Development Research Foundation, Pune, India
  • Jürgen Schmitt, Prof. Dr., Dept. of Physics, University of Hamburg, Germany
  • Nariyoshi Shinomiya, Prof. Dr., President of the National Defense Medical College, Saitama, Japan
  • Michael Stuke, Prof. Dr., Max Planck Institute for Biophysical Chemistry, Göttingen, Germany
  • Günter Theissen, Prof. Dr., Geneticist, University of Jena, Germany
  • André Thess, Prof. Dr., Engineering Sciences, University of Stuttgart, Germany
  • Ronny Thomale, Prof. Dr., I. Institute of Theoretical Physics, University of Würzburg, Germany
  • Michael Thorwart, Prof. Dr., I. Institute of Theoretical Physics, University of Hamburg, Germany
  • Rémi Tournebize, Dr., Genetics and Human Evolutionary Biology, Instituto Gulbenkian de Ciência, Oeiras, Portugal
  • Frank Wilhelm, Prof. Dr., Clinical Psychology, University of Salzburg, Austria
  • Allison Wilson, PhD, Science Director, The Bioscience Resource Project, Ithaca, New York, USA
  • Michael Winklhofer, Prof. Dr., Institute for Biology and Environmental Sciences, University of Oldenburg, Germany

Quelle: https://www.europereloaded.com/scientists-call-for-an-immediate-end-to-gain-of-function-research/ vom 23. Februar 2022

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