Ukraine-Konflikt
Bürgerresolution
(9. Mai 2025) (CH-S) Französische Offiziere fordern Klarheit über die Beteiligung des Landes am Ukraine-Konflikt. Sie fordern das Parlament auf, alle Informationen über die Präsenz französischer Truppen in der Ukraine seit 2022 im Amtsblatt der Republik, dem «Journal Officiel», offenzulegen.

Dieser Appell wurde von mehr als zwei Dutzend französischen Generälen und mehreren hundert weiteren Armeeangehörigen unterzeichnet. Zu ihrer Unterstützung sind seit Ende April 2025 bereits über 30 000 Unterschriften von französischen Bürgerinnen und Bürgern eingegangen.
Im Folgenden dokumentiert der «Schweizer Standpunkt» den Wortlaut dieses Appells.
Bürgerresolution zum militärischen und finanziellen Engagement Frankreichs in der Ukraine, zugestellt an die Präsidenten der beiden Parlamentskammern am 17. April 2025
Seit vielen Monaten mobilisiert Frankreich seine Diplomatie, seine Finanzen und seine Streitkräfte im russisch-ukrainischen Konflikt. Der Präsident der Republik hat dafür weder vom Volk noch vom Parlament jemals eine Zustimmung erhalten.
Getreu seiner ursprünglichen Berufung und ganz im Sinne der ersten und mittlerweile berühmten «Tribüne der Generäle» schliesst sich «Place d'Armes» dieser legitimen Initiative unserer Kameraden aus Militär und Zivilbevölkerung an, die die Achtung der Volkssouveränität in hochsensiblen Fragen des Einsatzes seiner finanziellen und militärischen Ressourcen fordert. Unterzeichnen Sie mit uns diese Bürgerresolution!
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Artikel L 4111-1 des Verteidigungsgesetzes besagt:
«Die Armee der Republik steht im Dienst der Nation. Ihre Aufgabe ist es, die Verteidigung des Vaterlandes und der übergeordneten Interessen der Nation mit Waffen vorzubereiten und zu gewährleisten.»
Seit Anfang 2022 gibt es anhaltende, wenn auch nicht offiziell bestätigte Informationen über die Präsenz französischer Truppen in der Ukraine. Sollten sich diese Berichte bestätigen, würde dies eine schwerwiegende Frage hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Artikel 35 der Verfassung aufwerfen, der die Regierung verpflichtet, das Parlament innerhalb von drei Tagen nach einer militärischen Intervention im Ausland zu informieren und jede Verlängerung über vier Monate zur Abstimmung vorzulegen.
Bislang wurde jedoch keine klare Mitteilung vor den Parlamentsversammlungen gemacht, sodass die Bürger im Unklaren gelassen werden und ihr Recht auf demokratische Kontrolle über den Einsatz ihrer Armee vorenthalten wird.
Darüber hinaus hätten die am 16. Februar 2024 unterzeichneten Sicherheitsabkommen zwischen Frankreich und der Ukraine, die eine militärische und finanzielle Unterstützung in Höhe von 3 Milliarden Euro für 2024 und ein mehrjähriges militärisches Engagement vorsehen, gemäss Artikel 53 der Verfassung vom Parlament ratifiziert werden müssen, da internationale Verträge mit erheblichen finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen einer parlamentarischen Ratifizierung bedürfen.
So wurde beispielsweise am 7. Februar 2024 das Verteidigungskooperationsabkommen zwischen Frankreich und Papua-Neuguinea, das für die öffentlichen Finanzen weit weniger belastend ist als das mit der Ukraine geschlossene Abkommen, gemäss Artikel 531 vom Parlament ratifiziert.
Bislang hat das Parlament jedoch nicht zur Ratifizierung der französisch-ukrainischen Sicherheitsabkommen Stellung genommen, was deren Rechtmässigkeit und Durchsetzbarkeit sowohl gegenüber dem Staat als auch gegenüber den französischen Bürgern, die für die finanzielle Unterstützung der Ukraine aufkommen sollen, in Frage stellt.
Darüber hinaus sieht Artikel 55 der Verfassung vor, dass
«ordnungsgemäss ratifizierte oder genehmigte Verträge oder Abkommen ab ihrer Veröffentlichung Vorrang vor Gesetzen haben, vorbehaltlich der Anwendung jedes Abkommens oder Vertrags durch die andere Partei».
Die fehlende ordnungsgemässe Ratifizierung durch das Parlament wirft die Frage nach der Rechtmässigkeit der Lieferungen von Waffen aus Beständen der französischen Armee an die Ukraine auf, die diese gegen die Russische Föderation einsetzen soll, mit der unser Land nicht im Krieg steht.
Artikel 411-3 des Strafgesetzbuches besagt nämlich:
«Die Lieferung von Materialien, Bauwerken, Ausrüstungen, Anlagen oder Geräten, die der Landesverteidigung dienen, an eine ausländische Macht, ein ausländisches oder unter ausländischer Kontrolle stehendes Unternehmen oder eine solche Organisation oder deren Vertreter wird mit dreissig Jahren Freiheitsstrafe und einer Busse von 450 000 Euro bestraft.»
Schliesslich erfordern die jüngsten Äusserungen des Präsidenten der Republik, in denen er einen möglichen Einsatz französischer Truppen im Mai 2025 sowie die gemeinsame Nutzung von Atomwaffen erwähnt, eine vorherige parlamentarische Debatte, um die Legitimität solcher Entscheidungen im Namen der Nation zu gewährleisten. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung für die Rechtmässigkeit von Militäreinsätzen. Eine Armee, die ohne klares parlamentarisches Mandat handelt, stünde nicht mehr im Dienst der Nation, sondern einer isolierten Exekutive, was im Widerspruch zum Geist unserer Verfassung und zu Artikel 16 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 steht, der die Gewaltenteilung als Garant der Rechte festschreibt:
«Jede Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht verankert ist, hat keine Verfassung.»
Aus diesem Grund sind wir, Bürger und ehemalige Armeeangehörige, der Meinung, dass das Parlament gemäss Artikel 35 der Verfassung zur Fortsetzung der französischen Militäraktion und/oder ihres Engagements in der Ukraine konsultiert und gemäss Artikel 53 auch zur Ratifizierung der französisch-ukrainischen Sicherheitsabkommen vom 16. Februar 2024 aufgefordert werden muss.
Vorgeschlagene Resolution:Wir, Bürger und ehemalige Armeeangehörige, fordern die Abgeordneten und Senatoren auf: |
Quelle: https://www.place-armes.fr/résolution-citoyenne, 17. April 2025
(Übersetzung «Schweizer Standpunkt»)